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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 210

1911 - Erfurt : Keyser
— 210 — Feldlager verwandelt, und zahllose Wachtfeuer lohten mit qualmender Flamme zum wetterschwarzen Nachthimmel empor. Selbst die Domstufen dienten als Schlafstätte, und auf den Steinfliesen der Häuser brannten die Lagerfeuer und ruhten die Soldaten. Pferde und Menschen lagen nebeneinander, ermattet von den Anstrengungen der Flucht und dem ausgestandenen Hunger. Alle Läden waren geschlossen. In höchster Eile brachten die Bürger ihre Habseligkeiten, die letzten Reste aus der langen Erpressungszeit, in sichere Verwahrung. Sie fürchteten eine allgemeine Plünderung, da bekannt geworden war, daß die fliehenden Franzosen die Dörfer ausgeraubt hatten. Es war darum ein Glück für die Stadt, daß der Kaiser in diesen Tagen mit feinem Gefolge in ihr Aufenthalt nahm. Auf seinen Befehl durchstreiften zahlreiche Wachen nach allen Richtungen die Stadt und nahmen alle, die sich einfallen ließen, Sicherheit und Ruhe zu stören, in Haft und schafften sie ins Biwak. Unterdessen dauerte der Durchzug der geschlagenen Armee weiter fort und schien tatsächlich kein Ende nehmen zu wollen. Am Tage übertraf das Truppengewühl in den Straßen vom Anger bis zum Brühlertor alles bisher Gesehene. Nur in den Nachtstunden wurde es etwas ruhiger, da ein kaiserlicher Befehl für diese Zeit die Tore selbst feinen Soldaten sperrte. Die fliehende Armee mußte in der Nacht außerhalb der Stadt vorübermar-fchiereu. Abreise Napoleons: In der Nacht vom 24. zum 25. Oktober verließ Napoleon die Stadt; denn die Preußen und Verbündeten waren ihr bedenklich nahe gekommen. Der Donner ihrer Geschütze rollte schon aus der Ferne herüber, selbst das Knattern des Gewehrfeuers war deutlich hörbar. So wurden schnell die Zelte niedergerissen, die Tornister gepackt und die Gewehre geschultert. Kurz nach Mitternacht marschierte eine Abteilung der kaiserlichen Garde vor der Hosstatt auf und nahm zu beiden Seiten des Eingangs Ausstellung. Dann fuhr der Reifewagen des Kaisers vor. Ihm folgte eine endlose Reihe von Kutschen. Diener mit Pechfackeln bildeten eine Ehrengasse bis zum Wagen. Nachdem dann ein lauter Trommelwirbel gerührt war, trat der Kaiser mit einem reichen Gefolge von Marschällen und Adjutanten aus dem hohen Tor. Den Kopf bedeckte der kleine Dreispitz. Des Kaisers Züge waren finster und bleich. Sein Blick streifte flüchtig die Menge. Fester schlug er den Wettermantel um sich und bestieg den Wagen. Ein General war sein Reisebegleiter. Vom Turm der nahen Wigbertikirche kündete mit dumpfen Schlägen die Glocke die zweite Stunde der Nacht. Gerade jetzt dröhnte der Widerhall des Gefchützfeuers der Preußen und ihrer Verbündeten gewaltiger über die Stadt. Langsam fetzte sich der Zug der Wagen in Bewegung. Das Auge des Kaisers starrte schweigend in die finstere Nacht. Dachte er viel-

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 215

1911 - Erfurt : Keyser
— 215 davorstehenden Kinderschar, die _ das lustige Tierchen mit Nüssen fütterte O du glückliche, sorglose Jugend! u (Nach Const. Beyer u. ct.) 78. Vpie die Preußen endlich in Erfurt einziehen, die Franzosen aber ihren Buszug halten. 6. 3anuar und 16. Itlai 1814. Einzug der Preußen: Der langersehnte 6. Januar 1814 war da. Am Morgen verkündete ein Anschlag an den Straßenecken den Bürgern den Einmarsch der Preußen. Er jonte um 12 Uhr stattsinden, doch jedermann der Feier sernblerben. -wer ungeachtet dieses Verbotes harrte eine dichte Menge m den Em-zugsstraßen nach dem Schmidtstedtertor zu und ertrug geduldig zum letzten Male die Ausschreitungen der dort ausmarschierten französischen Regimenter. Der Einzug verzögerte sich bis nachmittags 2 Uhr. La verkündete endlich ein weithin schallendes Jubelgeschrei die Ankrmst der Befreier. Dem Zuge voran ritt eine Abteilung französischer Reiterei, der noch die Wache aus dem Schmidtstedtertor^ zu Fuß folgte. Dann kamen die Generale Kleist v. Nollendors und v. Börstel mit ihrer zahlreichen Begleitung zu Pferde. Hinter ihnen ritten 6 Trompeter der Landwehr-Ulanen in einfachen, grauen Uniformen^ den Tschako mit dem Kreuz geschmückt. Den Schluß bildete ein Bataillon der schlesischen Infanterie, begleitet von einem Musikkorps. Unter dem Geläut sämtlicher Glocken und dem Jauchzen der Menge gelangte der Zug auf den Anger, wo ihm vom Balkon des Packhofes (Ecke der heutigen Bahnhofstraße) mit Posaunenton das herrliche Lied: „Nun danket alle Gott!" entgegentönte. Alle waren tief ergriffen, brachte doch der heutige Tag die Erlösung von einer 73tägigen Belagerung unter der Gewaltherrschaft der Franzosen. £Yw... Störung des Einzugs durch die Franzosen: Plötzlich fielen aus geringer Entfernung einige Flintenschüsse, und sogleich stürzte sich alles Volk in wildem Gedränge nach der Gegend des Ursulinenklosters, von woher man den Knall gehört Hatte. Ein betrunkener französischer Offizier hatte in seiner Wut von der bei der Natmleonssäuie1) stehenden Wache aus auf das Volk feuern i) Errichtet zum Andenken an die Geburt des Sohnes Napoleons, der den Titel „König von Rom" erhielt. — Zugleich wurde auch die sogenannte Napoleonshöhe angelegt. Sie wurde am 14. August 1812 von ihrem Schöpfer, dem Präsidenten v. Resch, feierlich eingeweiht und mit einer Büste Napoleons, die in einem Tempel stand, versehen. Doch schon 1813 wurden Tempel Büste durch die Verbündeten bei der Belagerung Erfurts zerstört, und abermals ein Jahr später erhielt die Anlage bei der efen Feier der denkwürdigen Völkerschlacht (am 15. Oktober 1814) den Namen Friedrich Wilhe^shohe und wurde mit einer Büste Friedrich Wilhelms Iii. geschmückt. Das schlichte mal, das sie jetzt ziert, wurde am 18. Oktober 1868 feierlich eingeweiht.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 236

1911 - Erfurt : Keyser
— 236' — Das Eintreffen des Königs auf dem Schlachtfelde: Gegen 8 Uhr ertönte von rückwärts her, von der Höhe von Dub, lautes Hurrarufen. Der König war auf dem Schlachtfelde angekommen. Es ist Hohenzollernart, in den Stunden der Gefahr dort zu sein, wo für Ehre und Glück des teuren Vaterlandes gekämpft wird. — In dem Augenblicke flog eine Granate heran. Sie schlug, ohne zu Platzen, in eine nickt weit entfernt haltende Schwadron Ulanen. Bald folgten mehrere. Vielleicht gaben die etwa 300 Pferde der Stabswache, die den König begleitete, ein bequemes Ziel. Darum wurde sogleich befohlen, daß das Hauptquartier sich im Gelände verteilen sollte. Der König, die Generale und Bismarck ritten nach Nordosten hinunter in die Ebene. Unweit des Kriegsherrn, welchen Moltke, Roon und Alvensleben umgaben, hielt Bismarck auf einem riesengroßen Fuchs. Wie er im grauen Mantel hoch-ausgerichtet dasaß und die großen Augen unter dem Stahlhelm glänzten, gab er ein wunderbares Bild: ein Riese aus nordischer Urzeit. Nachdem sich der König über die Gefechtslage unterrichtet hatte, befahl er, daß die erste Armee die Bistritz überschreiten sollte. General v. Bose überschritt auf schnell hergestellten Stegen von Aesten und Brettern den breiten Bach und drang in das anliegende Gebölz ein, aus dem sich der Feind ohne Widerstand zurückzog. Jenseit des Flusses schwenkten dann sämtliche Bataillone etwa um 9>2 Uhr gegen den Hola-Wald, welcher ein vortrefflickes Schußfeld und eine ebensolche Deckung zu bieten schien. Im Hola-Walde: Der Hola-Wald bildet ein ziemlich regelmäßiges Viereck von etwa 1100 Schritt Ausdehnung südlich der Chaussee von Sadowa nach Lipa. Er enthält längs der Chaussee hochstämmige Laub- und Nadelhölzer, besteht aber im übrigen aus überaus dichtem Unterholz. Beim Vordringen fanden unsere 31er it. 71er nur schwache Abteilungen des Gegners vor. welche sich ohne Kampf zurückzogen. Mühsam bahnten sich die Musketiere den Weg durch das dichte Gebüsch. Plötzlich — man hatte noch nicht den südlichen Waldsaum erreicht — wurde das Gehölz lichter, und geradeaus erblickte man aus einem kaum 1000 Schritt vorliegenden Höhenzuge bei dem Dorfe Lipa eine lange Artillerielinie. Der Gegner hatte das Unterholz aus einige 30 Schritte vom Waldrande entfernt, um Einsicht zu erlangen. Fast im gleichen Augenblick begrüßte die Preußen ein Hagel von Granaten. Trotz der trüben Witterung zielten die Oesterreicher gut und ihre Granaten schlugen richtig ein. Sie hatten an mehreren Stellen des nach Lipa zugekehrten Saumes Bäume ihrer Rinde beraubt, sodaß die hellen Stämme gute Zielpunkte boten. Das Feuer steigerte sich bald zu einer betäubenden Heftigkeit; Blitz auf Blitz zuckte in weitem Umkreise schnell hintereinander auf, unaufhörlich rollte der Donner und sausend kam Geschoß auf Geschoß mit fürchterlicher Sicherheit daher. Granate

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 243

1911 - Erfurt : Keyser
— 243 — über einen Berg hinweg. Wir bekamen wieder viele Wagen mit Eßwaren und Getränken in unsere Gewalt. Da kam die Nacht und machte dem Blutgeschäft ein Ende. Gern hätten wir die Franzosen weiter verfolgt, denn so eine Jagd macht Spaß. Wenn die Feinde erst weichen, dann geht's mit Freuden hinterher. Dann bin ich noch auf dem Schlachtfelde gewesen und habe Verwundete mit in die Mühle getragen. Erst nachts 1 Uhr kamen wir ins Lager zu den Bayern und haben brüderlich zwischen ihnen aus der bloßen Erde geschlafen. Nach solcher Arbeit schmeckt der Schlaf auf einem Steine gut. Heute morgen find wir wieder in unsere Bataillone eingerückt. Spaßhaft war's, wie unsere Leute die Wagen plünderten. Der eine nahm dies, der andere jenes. Ich habe mir ein Hemd und eine blecherne Feldflasche genommen. Seit 3 Wochen hatte ich mein Hemd auf dem Leibe. Von Schweiß und Regen sah es jämmerlich aus. Es war keine Wäsche mehr wert; ich warf es darum weg und nahm dafür das frische französische. Meine Feldflasche war zerschmettert worden; die französische aber war halb voll Bier, das mir vortrefflich schmeckte. Nachschrift vom 2. September: Ich habe den Brief heute wieder geöffnet, weil feine Feldpost abging. Nun will ich Dir noch einiges schreiben. Den 31. August blieben wir in unserer Stellung liegen und gingen nicht weiter vor. Unser Regiment fam, weil es gut gefochten hatte, zur Reserve und mußte eine Brücke über die Maas besetzen. Hier haben wir den ganzen 1. September dem grausamen Schießen zugehört. Lieber Bruder! Bei Königgrätz war es schlimm, aber gegen fner fein Vergleich. Morgens 4 Uhr griffen die Bayern an und sümpften bis in die Nacht, weil die Franzosen wie die Mauern standen. Weichen aber mußten sie doch endlich, trotz ihrer Kugelspritzen, die viele Kugeln vergeblich verspritzt haben. Auch die Festung Sedan mußte sich ergeben. Noch etwas! Heute mittag rückten wir uns wieder zurecht. Ich holte mit andern Wasser zum Kochen im Biwak aus einem Dorfe, das von Bayern belegt war. Da kam die Kunde, Napoleon hätte unserm König seinen Degen übergeben. Ein Jubel in allen Lagern! Es ist nicht zu beschreiben. Fünfzig Generale und die ganze Armee haben die Waffen niedergelegt. Gott fei Dank! Nun geht's wohl nach Paris. Freuen sollte mich's mein ganzes Leben, wenn ich Paris auch inwendig zu sehen bekäme; Wien habe ich bloß aus der Ferne von außen gesehen. . . . 91. Sedan. 1. September 1870. Vormarsch der 71er: Es mochte etwa kurz vor 6 Uhr morgens sein — schon seit einigen Stunden schallte aus der 16*

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 188

1911 - Erfurt : Keyser
— 188 — Erfurt am Tage des Gefechtes bei Saalfeld: Am Morgen des 10. Oktobers, am Tage des Gefechtes bei Saalfeld verließen die Truppen durch das Schmidtstedtertor die Stadt. Der Anblick der prächtigen Armee, die von der Statthalterei bis zum Tor Aufstellung genommen hatte, erregte die Bewunderung der Erfurter. Die Königin fuhr an der Garde und den Regimentern vorüber und erwiderte aus dem Wagen den Gruß der Soldaten. Als der König mit den Generalen erschien, fetzte sich der Zug mit klingendem Spiel in Bewegung. Hierbei zeigte es sich aber, daß die Armee durch Troß und eine ungeheure Menge von Packpferden allzu beschwert und dadurch fast unbeweglich war. Manche Regimenter mußten stundenlang warten, ehe die Reihe an sie kam, aufzubrechen. Der Auszug dauerte darum von morgens um 9 bis mittags um 1 Uhr. Roch an diesem Tage traf in Erfurt die Nachricht ein, daß das Gefecht bei Saalfeld unglücklich für Preußen ausgefallen sei. Nachdem man den Tag über von den Anhöhen um die Stadt dumpfes Geschützfeuer vom Thüringer Walde her gehört hatte, kamen am Abend versprengte Sachsen zum Löbertore herein. Sie brachten die Unglücksbotschaft von der verlorenen Schlacht und vom Tode des Prinzen Louis Ferdinand. Anfangs versuchte man, die Niederlage für zweifelhaft, mindestens aber für ganz unbedeutend hinzustellen. Die flüchtenden Truppen zogen ganz still hinter der Stadt weg, um sich später wieder der Hauptarmee anzuschließen, die längs der Saale von Jena nach Naumburg Aufstellung genommen hatte. Während der Schlacht bei Jena: In banger Erwartung vergingen die nächsten Tage. Da kamen am Dienstag, den 14. Oktober, an welchem Tage ein dichter Nebel die Luft erfüllte, schon am Morgen mehrere Gärtner und Tagelöhner ängstlich zur Stadt gelaufen. Sie hatten auf dem Felde und in den Gärten des Dreienbrunnens gearbeitet und aus der Gegend von Weimar heftiges Geschützfeuer gehört, welches die Erde erschütterte. Bald hörte man auch in der Stadt und von den Wällen das Schießen sehr deutlich. Die Hauptschlacht war somit im Gange, und ängstlich erwartete man die ersten Nachrichten. Gegen Mittag hieß es, die Preußen siegten; sie hätten schon 10 000 Franzosen gefangen, die bald hier eintreffen würden. Um 4 Uhr nachmittags aber kamen plötzlich einzelne braune Husaren blutig und mit verstörten Gesichtern zum Schmidtstedtertore hereingesprengt; ihnen folgten Wagen mit Gepäck, ausgespannte Artilleriepferde mit ihren Stückknechten und Marketenderinnen mit Lebensmitteln und Branntweinsässern. Man streute aus, es sei nur ein versprengter Haufen, der sich in die Stadt werfe, bei der Armee selbst aber stehe alles gut. Hierbei beruhigten sich die Erfurter eine kurze Zeit. Als aber gegen Abend die Landstraße nach Weimar ganz mit Flüchtlingen bedeckt war, die in unordentlichen

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 248

1911 - Erfurt : Keyser
- 248 — eine sehr schlechte Haltung. Trotz ihrer guten Stellungen ergriffen sie schon nach kurzem Feuergefecht die Flucht. ®sltaiuone beider Regimenter setzten inzwischen ihren Marsch weiter fort. Doch ließen es sich die Festungswerke von St. Dems nicht nehmen, ihn mit Granaten schwersten Kalibers zu begleiten. Als das erste dieser Ungetüme wenige Fuß vor dem 1. Bataillon der 31er dahinsauste, machten alle ihre Verbeugung, selbst die Herren zu Pserde konnten es nicht unterlassen, sie zu begrüßen. Als die Granate dann 20 Schritte vom Bataillon einschlug, doch ohne zu krepieren, da erfolgte ein allgemeines Gelächter und Necken wegen der Verbeugung. Man mußte eben dieses Geräusch auch erst kennen lernen und sich daran gewöhnen. Das Gesecht bei Pierrefitte war der Abschluß der Einschließung von Paris, das nun zum dritten Male in demselben Jahrhundert Deutsche vor feinen Mauern sah. Der Telegraph meldete am 20. September aus dem großen Hauptquartier: Nach den vorbereitenden Bewegungen der letzten Tage ist am 19. durch Vormarsch sämtlicher Korps die vollständige Zernierung von Paris ausgeführt. 94. Vor Paris. x\m Angesicht der Stadt: Paris, das langersehnte Ziel' lag vor unsern Augen. Wir sahen die Weltstadt mit ihrem gewaltigen, in Dunst gehüllten Häusermeer vor uns. Einzelne be- sondere Gebäude, wie der Jnvalidendom, der Triumphbogen und die Notre-Dame-Kirche, überragten hoch die andern. Einen großen Teil der Stadt entzog aber der Montmartre unsern Blicken. Wir alle hofften aus den baldigen Fall der Stadt, zumal nach den Erfahrungen, welche unsere Füsiliere in dem letzten Gefechte bei Pierrefitte mit den Franzosen gemacht hatten. Niemand von uns dachte an die Möglichkeit, hier noch 5 Monate zubringen zu müssen, die Gegend noch im Winterschmuck zu sehen. Gutes Quartier: Die Quartiere, welche wir in ne hatten, waren ganz vorzüglich. Unser Heim war ein neuerbautes Häuschen inmitten eines schönen, großen Gartens. Als wir es bezogen, war es leer. Aber jetzt hatten wir es vollständig eingerichtet: Tische, Stühle, Küchengeräte, Matratzen und Decken, sogar eine Wanduhr, welche der Unteroffizier im Dorfe gefunden hatte: es fehlte gar nichts. Verpflegung: Anfangs stand es etwas knapp um die Verpflegung.^ Infolge der geringen Zahl von Schienensträngen war eine Zufuhr aus Deutschland fast unmöglich, dazu kam noch die Rinderpest unter dem nachgeführten Hornvieh und das strenge Verbot des Beitreibens durch die Truppen. Als aber der Ankauf von Lebensmitteln aus den weiter rückwärts gelegenen Dörfern empfohlen worden war, wurde es besser. Unser Hauptessen bil-

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 194

1911 - Erfurt : Keyser
— 194 — seurs, die den Kaiser mit lautem „Vive Vempereur“ begrüßten. Es war eben 12 Uhr mittags. Bald darauf ritt Napoleon, begleitet von seinen Marschällen, einigen Generalen und seinem Leib-memelucken (Leibwächter) nach dem Gouvernement zurück. Napoleon empfängt den Kaiser Alexander: Eine Stunde später fuhr er in einem achtspännigen, prächtigen Staatswagen, dem noch verschiedene andere folgten, zum Krämpfertore hinaus, wo sich die Truppen auf den hinter dem Schwemmbache^) liegenden Stoppel- und Brachfeldern übten. Es galt, den ankommenden Kaiser Alexander von Rußland würdig zu empfangen. Napoleon, der aus seinem Wagen gestiegen war, ging, während sich die Truppen ordneten, auf und nieder. Plötzlich aber schwang er sich aufs Pferd, galoppierte die bei Linderbach liegende Anhöhe hinauf und verschwand. — Jetzt fiel ein Kanonenschuß — „die Kaiser kommen!" erklang's durch die Reihen der Truppen und der zahlreichen Volksmenge, die das Feld bedeckten. Mehrere Kanonenschüsse, die oben auf der Anhöhe donnerten, verkündigten die Annäherung der beiden Kaiser. — Die Feldmusik rauschte über das weite Brachfeld, die Trompeten der Kürassiere und Husaren schmetterten, und in der Ferne sah man den Zug der beiden Kaiser die Anhöhe herabkommen. Sogleich eilte der größte Teil der auf dem Felde Anwesenden nach der Stadt zurück, und es dauerte kaum einige Minuten, so kam der Zug unter dem unaufhörlichen Donner der Kanonen beider Festungen, dem Geläut aller Glocken und dem Jubelgeschrei der Truppen und der Volksmenge zum Krämpsertor herein. Die beiden Kaiser ritten nebeneinander, Alexander zur Linken Napoleons. Auf dem Anger, in der Nähe des Triebelschen Hauses, der heutigen Kommandantur, das dem Kaiser Alexander während der Zeit des Kongresses zur Wohnung bestimmt war, herrschte ein unbeschreibliches Gedränge, zumal sich hier die zurückgekehrte Kaisergarde und sämtliche andere Truppen in Parade ausgestellt hatten. Die Kaiser stiegen vom Pferde und traten Hand in Hand ins Haus, vor welchem zwei riesige Schilderhäuser für die Kavalleriewachten aufgestellt waren. In dem glänzenden Gefolge des Zaren befanden sich sein Bruder, der Großfürst Konstantin, der Herzog von Weimar mit dem Erbprinzen und zahlreiche Generale. Die festlich erleuchtete Stadt: Als der Abend dieses er- eignisreichen Tages hereinbrach, hüllte sich die Stadt in ein glänzendes Lichtmeer. Man wetteiferte mit der Anbringung von Dekorationen und Transparenten (Leuchtbildern). Am meisten tat sich hervor die Freimaurerloge, die ihr ansehnliches Gebäude auf dem Roßmarkte (Herrmannsplatz) mit drei überlebensgroßen Trans- !) Damals mündete der Schwemmbach, der um die Ostseite der Stadt führte, nördlich vom Johannestor in die Gera.

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 230

1911 - Erfurt : Keyser
- 230 — den ausrückenden Kameraden nach. Gern wären sie gefolgt! Doch noch früher, als sie gehofft, bot sich auch ihnen die Gelegenheit, vor dem Feinde mit Auszeichnung zu bestehen. Am Abend des 23. Juni traf für das Ersatzbataillon der Befehl ein, nach Gotha abzurücken. Es sollte sich hier mit der Abteilung des Generals b. Flies bereinigen. Dieser hatte den Auftrag, den Durchbruch der aus Nordwesten anrückenden hannövrischen Armee zu berhindern. Im Biwak bei Warza: General b. Flies bezog am 26. Juni mit feiner Abteilung bei Warza, einem wenig nördlich von Gotha gelegenen Dörfchen, Biwak. Hier faßte er den Entschluß, den Feind anzugreifen. Schon am nächsten Morgen sollte der Vormarsch beginnen. Die Hannoberaner hatten eine sehr starke Stellung nördlich von Langensalza aus dem linken Unstrutufer zwischen Thamsbrück und Nägelstädt inne. Die Stadt Langensalza selbst hielten sie auch besetzt. Ihre Stärke betrug über 17 000 Mann. General b. Flies dagegen beifügte über kaum 8000 Mann. Die kurze Juninacht, welche die Truppen im Biwak herbrachten, war ziemlich kühl. Strahlend ging am andern Morgen die Sonne aus, und ein klarblauer Himmel wölbte sich über der fruchtbaren Landschaft. Bald jedoch wich beim Höherfteigen der Sonne die Morgenkühle einer unerträglichen Glut. Der 27. Juni, ein Mittwoch, wurde einer der heißesten Tage des Sommers. Um 7 Uhr stand die Abteilung marschbereit. Die Truppen hatten nicht abgekocht, sondern nur Kaffee erhalten. Der Vormarsch wurde um 8 Uhr angetreten, und bald hüllten dichte Staubwolken den Zug ein. Es ging rasch borwärts, da die Vorposten die Meldung vom Rückzug des Feindes gebracht hatten. Im hannövrischen Lager: Im hannöbrischen Lager herrschte unterdessen noch vollständige Ruhe. Man glaubte, daß auch dieser Tag ohne Kampf hingehen würde. Einen Angriff des Generals v. Flies hielt man bei der geringen Zahl feiner Truppen für ausgeschlossen. Die Mannschaften bekamen darum die Erlaubnis zum Abkochen, und so entwickelte sich ein buntbewegtes Biwakleben. Zum Schutze gegen die Sonne wurden Hütten erbaut. Schlachtvieh wurde verteilt, und bald stieg aus den rasch hergestellten Kochlöchern sich kräuselnder Rauch empor. So verging die erste Hälfte des Vormittags in harmloser Geschäftigkeit. Gegen 9 Uhr erschollen von allen Türmen die Feierklänge der Glocken. Sie läuteten den in Preußen für den 27. angeordneten, allgemeinen Buß- und Bettag ein. Da traf ganz unerwartet, kurz vor 10 Uhr, von den Vorposten die Meldung ein, daß die Preußen von Gotha her im Anzuge feien. Gleich darauf hörte man auch aus südlicher Richtung den Donner der Kanonen dumpf herüberklingen. Sofort ertönten von allen Seiten laute Alarmsignale. Die Mannschaften eilten zu ihren Gewehren und stellten sich in Reih und Glied. Die Kochkessel mit dem halbgaren Fleisch wurden umgestürzt, und mit

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 239

1911 - Erfurt : Keyser
- 239 — tert. Oft ging es sogar ohne Weg weiter. Jedes Geräusch war verboten. Ungefähr in der Mitte der zurückzulegenden Strecke, da wo beide Wege sich beinahe berühren, stießen die 31er und 71er zusammen. Von hier aus führte der Weg der ersteren gerade aus; die letzteren stiegen rechts hinab ins Mühlbachtal. Wohl eine halbe Stunde war ihr Zug lang, denn 3000 Mann ist keine Kleinigkeit. Von der rechten Seite her ertönte laut der Donner der Kanonen, doch er blieb mehr und mehr zurück. Bald kam der Zug in eine tiefe Schlucht. Es lag ein Baum darüber, von obenher abgeplattet. Die Leute gingen hinüber, der Anführer aber war unvorsichtig und ritt bis in die Mitte, da glitt das Pferd aus, und beide sielen in den Grund, ohne aber Schaden zu nehmen. Zehn Minuten später erfolgte der erste Schuß. Im Gefecht: Die Oesterreicher hatten die vordringenden 71er bemerkt und stellten sich ihnen entgegen. Lebhaftes Feuer von vorn und aus der rechten Seite! Doch es wollte nicht recht vorwärts gehen. Hier und dort fiel einer! Darum herunter mit den Ueberzügen von den neuen Fahnen! „Hierher der Tambour! — Schlag' zur Attacke!" Nun ging's vorwärts! In breiter Linie stürmten die drei Bataillone des Regiments mit fliegenden Fah-nen den Gamsenberg hinauf, und in raschem Lause wurde trotz des heftigen feindlichen Feuers die Höhe erreicht und mit dem Bajonett im blutigen Handgemenge vom Feinde gesäubert. Mit freudigem Hurra begrüßten die wackeren Thüringer vom Gamfenberg aus das zu ihren Füßen liegende Preßburg mit seiner Königsburg, der Geburtsstätte der heiligen Elisabeth, und das weit sich hinziehende Silberband des Donaustromes. In diesem Augenblicke traf General v. Bose mit den 31ern auf dem Gefechtsfelde ein. Der sie führende Slowake war des guten Glaubens gewesen, die Kolonne unmittelbar nach Preßburg führen zu sollen! Jetzt aber waren sie ohne Weg und Steg dem Gefechtslärm zugeeilt, der von den 71ern zu ihnen herübergedrungen war. — Waffenstillstand: Nun wurde das Gefecht gemeinsam weiter fortgesetzt. Es gelang auch, den Gegner, obwohl er mit weit überlegeneren Kräften die Unseren zu vernichten suchte, überall zurückzudrängen. Unterdessen war es Mittag geworden. Da ertönte wenige Augenblicke nach 12 Uhr — die Thüringer trauten ihren Ohren kaum — drüben beim Feind wie im Manöver das Signal „Das Ganze halt." Oesterreichische Offiziere mit je einem Spielmann und dem Träger einer weißen Flagge erschienen von mehreren Seilen und verkündeten den Waffenstillstand. Auch von der Stelle, wo General v. Bose stand, erschallte das Signal „Das Ganze halt" und dann „Stopfen". Es verging zwar noch längere Zeit, bis selbst auf den entfernteren Abteilungen das Feuer aufhörte.

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 240

1911 - Erfurt : Keyser
— 240 — Das Gefecht war beendet und mit ihm der Krieg. Der 15. Fn-fanteriebrigade aber war es vergönnt gewesen, in der Nacht vom 26. zum 27. Juni das erste, siegreiche Treffen bei Podol und jetzt, fast vier Wochen später, das letzte, ebenfalls erfolgreiche bei Preß- burg zu bestehen und die preußischen Waffen am weitesten in Feindesland getragen zu haben. Nachdem das beiderseitige Feuer eingestellt war, kamen österreichische Offiziere ins preußische Feldlager. Man verglich die Uhren, tauschte Zigarren aus, reichte sich die Feldflaschen und setzte sich zu gemütlichem Gespräch auf eine Weinbergsmauer. Im Lager: Gegen 3 Uhr ertönten von Blumeuau her die Klänge einer raufchenden Musik. Alles eilte nach der Chaussee, auch General v. Bose stand dort. Es zogen einige österreichische Infanterie-Regimenter, eine Kavallerie-Brigade und einige Batterien vorüber. Die Bespannung der letzteren war sehr mitgenommen, nur wenige Pferde zogen die Geschütze. Ein Ulan schwang prahlerisch einen erbeuteten Husarenkarabiner über seinem Kopse, was aber nicht gerade niederdrückend auf die zuschauenden Preußen wirkte. Diese belustigten sich vielmehr über die von einem Hunde gezogene große Pauke einer Regimentsmusik. Da die preußischen Truppen unbewaffnet am Wege standen, mochten die Oesterreicher wohl glauben, daß sie Gefangene vor sich hätten. Doch die vergnügten Gesichter der Thüringer belehrten sie bald eines Besseren, und manch harmloses Scherzwort ging hin und her. Das Lagerleben gestaltete sich am Nachmittage zu einem heiteren und, da es auch an Zuspruch aus Preßburg und Umgegend nicht fehlte, sogar zu einem sehr belebten. Gastwirte und Neugierige langten bald zu Fuß und zu Wagen an, um ihre Genüsse feilzubieten und sich die Fremdlinge und ibr Treiben anzuschauen. Die Mehrzahl der Gäste, besonders die den besseren Ständen angehörenden, machten kein Hehl aus ihrer Zuneigung sür die Preußen. Die Damen erschienen meist in Schwarz mit weißen Abzeichen. In dem friedlichsten Lustlager konnte es nicht harm- loser und fröhlicher zugehen als hier. Die Regimentsmusiken spielten, die Leute tanzten und sangen den aufmerksam lauschenden Ungarinnen ihre schönsten Lieder vor. Dazu war die Verpflegung ganz vorzüglich, und ohne Murren ließ man die Wirte unsere guten preußischen Taler für einen Gulden österreichisch einstecken. Selbst der Zapfenstreich unterbrach nur auf kurze Zeit das lustige Treiben, das sich fast die ganze Nacht hindurch und auch am anderen Tage noch fortsetzte, bis um 1 Uhr mittags der Rückmarsch in die vertragsmäßigen Quartiere angetreten wurde. (Nach den Reg.-Gesch. d. 31. u. 71. Inf.-Reg.)
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